Samstag, 15. September 2007

Der Anfang eines 1. Kapitels (meine G6)

Der Prolog weiter vorne steht übrigens - Überraschung - vor diesem Kapitel .. ;-)

„Du bist sicher, dass du nicht mitkommen willst? Jean-Marie meint es ernst, das weißt du, ja? Dein Französisch ist gut und Toulouse ist wunderschön. Und dass wir genug Arbeit für dich haben, kannst du dir vorstellen ...“ Christel Duffort legte einen weiteren Kleiderstapel in den Koffer.
„Tante Tinni, bitte! Ihr möchtet mir helfen, aber ich will es alleine schaffen. Es haben sich immer andere um mich kümmern müssen.“
„Kümmern müssen? Unsinn! Du warst doch noch ein Kind und weder ich noch Lady Asquith oder gar dein Vater haben dich als Last empfunden.“
Emma reichte ihr die zusammengerollten Leinenhemden und liess sich neben den Koffer auf das Bett sinken. „Möchtest du mir noch einmal einen Vortrag halten?“
„Ja, das will ich. Ich finde es nicht passend, dass du alleine wohnst und dein Geld als Tippmamsell verdienst. Jaja, ich weiß, die jungen Frauen heutzutage tragen kurze Röcke, verdienen ihr eigenes Geld und flirten anstatt sich zu verloben. Aber so bist du nicht.“
„Vielleicht wäre ich gerne so? Ich möchte nicht wieder weg. Ich bin hier geboren, ich besitze dieses Haus, und ich habe eine Arbeit gefunden, die mir Spaß macht. Außerdem bin ich weder leichtlebig noch dumm. Weshalb solltest du dir Sorgen machen?“
„Du bist hübsch und allein, das ist Grund genug, um mich zu sorgen. Kannst du das nicht verstehen? Siehst du nicht, wie schwer du es dir machst?“
„Traust du mir gar nichts zu?“
„Doch, Kind, aber es kommt alles so schnell und du weißt doch kaum, wie man ein Ei kocht oder die Gasrechnung bezahlt oder ...“
„Zeit, dass ich es lerne! Wenn ich es nicht schaffe, dann werde ich zu euch kommen, ich verspreche es. Du musst dir keine Sorgen um mich machen, bestimmt nicht.“
Christel seufzte und strich Emma über die roten Locken, als Jean-Maries Bass durch das Haus drang: „Allez, allez, Essen ist auf dem Tisch!“
„Hopp, beeil dich, der General wird etwas Besonderes zum Abschied gekocht haben.“

Das Essen war köstlich gewesen; Jean-Marie verstand sein Handwerk. Der Duft der provenzalischen Kräuter seiner Heimat lag noch in der Luft. Emma zog ihn tief ein. „Deine Gäste haben es gut, Jean-Marie. Ich werde euch und dein herrliches Essen vermissen. So gut werde ich es niemals hin bekommen.“
Jean-Marie erhob sein Glas: „Liebe Emma, du weißt, wo du uns findest. Solltest du Hilfe brauchen, dann schreibe uns oder setze dich in den Zug. Darf ich sagen: auf ein baldiges Wiedersehen?“
Nun kribbelte es doch in Emmas Nase; jeden Moment würde sie weinen müssen. In ihrem Leben hatte es schon zu viele Abschiede gegeben und manche waren für immer gewesen, ohne dass sie es hatte ahnen können. Lebewohl zu sagen, machte ihr Angst.
„Ah non, nicht weinen. Es wird schon alles gut werden, eh? Du hast dieses schöne Haus, du hast Arbeit, du bist hübsch und jung ... was soll schon passieren?“ Jean-Marie lachte und Emma musste mitlachen.
„Frag deine Frau, was passieren kann. Tante Tinni hat Angst um mich.“
„Ah, sie denkt daran, was sie selbst tun würde, eh Chérie? Aber Emma, wirst du mit dem Geld hinkommen?“
„Eine Zeit lang schon. Ich werde versuchen, die oberen Zimmer wieder zu vermieten, vielleicht finde ich eine Mitbewohnerin. Hätten diese Studenten nicht einen solch verdrehten Sinn für Anstand, dann ginge es mir wunderbar. Mit einer jungen Frau unter einem Dach – nein, nein, gnädiges Fräulein, wir wollen doch ihren guten Ruf nicht schädigen, blablabla. Aber mich verhungern lassen ohne die Mieteinnahmen, das können sie mit ihrem Gewissen vereinen.“
„Ja, die hatten es eilig, hier aus zu ziehen. Wer weiß, was sie von dir befürchtet haben.“ Jean-Marie schüttelte den Kopf.
„Burschenschaftler!“ Christel schnaubte. „Dass du mir solche nicht ins Haus nimmst, Emma. Eine nette junge Frau, das wäre das Richtige. 40 Mark solltest du schon nehmen können, zusammen mit dem Geld von Lady Asquith und deinem Lohn würde das ausreichen. Gas und Strom haben wir schon für dich bezahlt – jaja, ist schon gut.“
Christel stand auf. „Wir brechen morgen sehr früh auf. Wir sollten zu Bett gehen. Kommst du, Jean?“

Als Emma im Bett lag, ließ sie die letzten Wochen noch einmal vorüber ziehen: der Brief ihres kranken Vaters, der Emma nach Bonn rief, sein Tod. Das Angebot Frau von Zanitz's, bei Dezière als Sekretärin zu arbeiten, ihre ersten Wochen dort, die neuen Kolleginnen, ihr Chef. Und nun? Ab morgen würde sie mit 23 Jahren zum ersten Mal auf sich allein gestellt sein. Sie freute sich. Keiner würde ihr vorschreiben, wann sie zu essen, was sie zu tragen oder wen sie zu kennen hätte. Natürlich hatte sie Angst, aber das würde sie vor ihren Verwandten nicht zugeben. Hätte sie gezaudert, so hätte Jean-Marie sie in seinen Schrankkoffer gepackt und nach Toulouse verfrachtet. Oder sie wäre zurück nach England gesandt worden. Nein, nun sollte ihr eigenes Leben anfangen. Morgen war Mittwoch und das Atelier hatte nachmittags geschlossen. Diesen freien Nachmittag wollte Emma nutzen, um sich die Haare endlich abschneiden zu lassen. Voller Vorfreude schlief Emma ein.

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Ich bin Bonnerin, habe auf einem sowjetischem Schiff, im Schwarzwald und auf Norderney gearbeitet, einen Australier geheiratet, zwei tolle Söhne bekommen und bin dem Stricken und Nähen verfallen.

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